Ad Interims Leitung – ein Erfahrungsbericht

Simon Meier und Lukas Geiger sind in unterschiedlichen Organisationen als ad-interims Leiter für unsere Kund:innen im Einsatz. Offenheit, Neugier und eine transparente Kommunikation ebnen dabei den Boden für eine gelungene Zusammenarbeit. Im Interview erzählen die beiden socialdesigner, wie die auftraggebende Organisation und deren Mitarbeitenden aber auch sie selbst an solchen externen Leitungsmandaten wachsen können.

 

 

 

 

v.l.n.r.: Simon Meier, Lukas Geiger

Nicht nur in Zeiten des Fachkräftemangels kann es eine Herausforderung sein, für Führungspositionen eine geeignete Person zu finden. Fällt ein:e Mitarbeiter:in in einer solchen Schlüsselposition aus, kann vielfach kein nahtloser Übergang sichergestellt werden. Einerseits benötigt die umsichtige Rekrutierung einer passenden Person Zeit und besonders in Leitungspositionen sind diese aufgrund längerer Kündigungsfristen nicht immer zum gewünschten Zeitpunkt verfügbar.

In solchen Fällen kann eine Interimslösung Abhilfe schaffen, bei der eine interne oder externe Person die vakante Stelle und die diesbezüglichen Aufgaben für einen bestimmen Zeitraum übernimmt. Dadurch kann sichergestellt werden, dass Mitarbeitende und ausserbetriebliche Stakeholder weiterhin eine Ansprechperson haben und der operative Betrieb in den gewohnten Bahnen weiterlaufen kann. Unsere Mitarbeiter Lukas Geiger und Simon Meier geben uns einen Einblick in die Rolle als ad interims Leiter und erzählen uns, worauf sie bei einem solchen Auftrag besonders Acht geben und was sie aus diesen Erfahrungen in unterschiedlichen Organisationen gelernt haben.

Mit welcher Haltung / mit welcher Herangehensweise steigt Ihr in ein Leitungsmandat ein?

Lukas Geiger: Zentral ist eine offene und vor allem neugierige Haltung. Dabei ist wichtig zu erkennen, dass auch die vorangehende Leitung eine gute Arbeit gemacht hat, die es zu würdigen und zu respektieren gilt. Zudem ist in der Kommunikation mit dem neuen Team Offenheit wichtig: Man kann nicht alles wissen, besonders in den eher impliziten Bereichen. Dies offenzulegen und zu zeigen, dass man froh ist um gewisse Tipps, kann gegenseitiges Vertrauen schaffen. Gerade als externe Person hat man speziell zu Beginn die Chance, viel nachzufragen. Das kann bereits früh zu Klarheit führen, was in den allermeisten Fällen sehr geschätzt wird.

Simon Meier: Ich stimme Lukas zu: eine Offenheit für Neues spielt eine zentrale Rolle. Ausserdem finde ich wichtig, sich bewusst zu machen, dass allfällige Schwierigkeiten, wenn es denn solche überhaupt gibt, nur wenig mit einzelnen handelnden Menschen zu tun haben. Vielmehr spielen ihre Funktionen/Rollen, das Zusammenwirken unterschiedlicher Funktionen/Rollen und die Organisation selbst eine Rolle. Ich versuche immer zuerst zu verstehen in dem ich beobachte, ohne zu be- oder verurteilen. Ausserdem gehört wie überall eine gute Portion Humor und Menschlichkeit dazu.

Was ist aus Eurer Sicht besonders wichtig zu beachten während eines Leitungsmandates?

Lukas Geiger: In einem Leitungsmandat wird man weder die Welt noch die Organisation grundlegend verändern können. Aber man kann einiges bewirken, in dem man gewisse Dinge hinterfragt und explizit macht. Dies kann vielfach zu mehr Klarheit und einer gewissen Beruhigung führen. Wichtig ist, dass das Mandat zum Schluss geordnet und strukturiert an die neue Person übergeben werden kann. Dabei kann es helfen, die einzelnen Tätigkeiten und (kleinen) Massnahmen im Sinne des Wissensmanagements zu dokumentieren, da vieles schnell vergessen geht.

Simon Meier: Als Leitungsperson bin ich stets präsent und Ansprechpartner für alle Fragen und Themen, die sich ergeben. Ausserdem benötigt es Klarheit in Bezug auf die Rolle, die ich innehabe. Es ist wichtig zu klären, wo ich unterstützen kann, wo aber auch Grenzen sind und was nicht in die Verantwortung dieser Rolle gehört. Als Leitungsperson möchte ich aber auch eine Verbindlichkeit mit den Mitarbeitenden schaffen und kläre deshalb zu Beginn gemeinsam, wie wir zusammenarbeiten, wie Aufträge erteilt werden, welche gegenseitigen Erwartungen und Anforderungen bestehen etc. So kann den Mitarbeitenden Sicherheit gegeben werden und mit einer gemeinsamen Sprache entsteht eine vertrauensvolle Basis. Ein letzter Punkt, den ich sehr wichtig finde, ist, dass ich auch in dieser Rolle proaktiv meine fachliche Haltung einbringen kann.

Was habt Ihr durch oder aus Euren Leitungsmandaten gelernt?

Lukas Geiger: Eine Organisation bleibt nie stehen. Egal ob nach einem Monat oder nach einem halben Jahr, eine Organisation steht immer an einem anderen Punkt als zu Beginn des Mandates. Das wäre aber auch so, wenn kein externes Leitungsmandat da ist, nur bleibt dies eher verborgen. Wenn externe Leitungspersonen einsteigen, ist es für viele Mitarbeitende eine gute Gelegenheit, mehr Verantwortung zu übernehmen oder den Grad der Selbstständigkeit zu erhöhen. Manchmal passiert dies unbewusst, kann durch die Leitung aber auch mitgesteuert werden. Da ich als ad interims Leiter weniger physisch anwesend bin, kann dies bspw. geschehen, indem Absprachen weniger oft zwischen Tür und Angel stattfinden können und daher eine andere Art der Vorbereitung und der Verbindlichkeit voraussetzen. Das kann zu Beginn etwas irritierend sein, führt bei den meisten Mitarbeitenden aber zu einer strukturierteren und selbstständigeren Arbeitsweise.

Simon Meier: Führungspersonen, die neu und von extern kommen, stehen innerhalb einer Organisation unter ständiger Beobachtung. Umso wichtiger ist es, Akzeptanz und Vertrauen auf allen Seiten aufzubauen – Vertrauen geben, kann zu Vertrauen führen. Und wie in allen Lebensbereichen kann auch hier Humor sehr befreiend und entlastend sein. Etwas Wichtiges, das ich mitnehme aus solchen Mandaten ist, dass ich nicht immer von allen akzeptiert werden muss, damit es funktioniert. Dies auszuhalten ist aber auch nicht immer ganz einfach. Ausserdem ist der Ausstieg aus dem Mandat bereits frühzeitig vorzubereiten, da dies für die ganze Organisation oder zumindest für Teile davon wieder eine Veränderung bedeutet. Auch wenn man im Mandatsverhältnis in einer Organisation ist, wird man doch Teil davon und dies viel stärker als in der Rolle als Berater oder in einem Coaching-Setting. Und auch als ad interims-Leiter ist man nicht gefeilt Fehler zu machen. Umso wichtiger ist es, dazu stehen zu können und gemeinsam Lösungen zu finden.

Herzlichen Dank für diesen spannenden Einblick in Eure Tätigkeit als ad interims-Leiter. Wir wünschen Euch bereits jetzt viel Freude für den nächsten Auftrag