Bedarfsermittlung 2030 Psychiatrie (Kanton SO)

Kantone müssen per Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVV) eine Versorgungsplanung vornehmen, so auch für die Psychiatrie. Das Gesundheitsamt des Kantons SO beauftragte uns mit der Bedarfsermittlung 2030 für die stationäre und ambulante Erwachsenen-, Kinder- und Jugendpsychiatrie. Der Auftrag umfasst eine Bedarfsanalyse zum aktuellen Versorgungsbedarf zum Zeitpunkt 2016-2019 (Wie gross ist die Inanspruchnahme in der ambulanten und stationären Psychiatrie?) sowie eine Bedarfsprognose (Wie viele stationäre und ambulante Plätzen braucht es künftig?). Die Analysen bilden die Grundlage für die Aktualisierung der Spitalliste im Kanton Solothurn und die Versorgungsplanung.

Ausgangslage

Kantone sind gemäss Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVV) angehalten, den Versorgungsbedarf an stationären und ambulanten Leistungen in nachvollziehbaren Schritten zu ermitteln (Art. 58b Abs. 1 KVV) und das Angebot zu ermitteln, das in Einrichtungen beansprucht wird, die nicht auf der kantonalen Spitalliste aufgeführt sind (Art. 58b Abs. 2 KVV). So hält auch die Legislaturplanung 2021-2025 des Regierungsrates des Kantons Solothurn fest, dass die Spitalliste im Bereich Erwachsenen-, Kinder- und Jugend- und Jugendpsychiatrie aktualisiert werden soll. Basis dazu sollte die Bedarfsermittlung 2030 bilden. socialdesign erarbeitete diese Bedarfsermittlung im Auftrag des kantonalen Gesundheitsamtes (GESA) des Kantons Solothurn und in Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Gesundheitsobservatorium Obsan.

Schwerpunkte der Bedarfsermittlung

Auf Basis verschiedener Daten (z.B. Medizinische Statistik der Krankenhäuser MedStat, Krankenhausstatistik KS, Statistik der Bevölkerung und der Haushalte STATPOP) wurde für obige Bereiche einerseits eine Bedarfsanalyse vorgenommen, die den aktuellen Bedarf für das Jahr 2019 darstellt (z.B. aktuelle Inanspruchnahme und Leistungserbringung, Patientenströme in und aus dem Kanton, Abdeckungsgrade). Andererseits wurde eine Bedarfsprognose vorgenommen, die den künftigen Bedarf bis 2030 an stationären und ambulanten Plätzen schätzt. Die quantitativen Analysen wurden ergänzt durch eine vom GESA durchgeführte qualitative Umfeldanalyse bei Leistungserbringern.

Bedarfsanalyse

Stationäre Psychiatrie: Für die stationäre Psychiatrie lässt sich festhalten, dass die Nachfrage zwischen 2016-2019 konstant blieb (unter Berücksichtigung des TARPSY Effekts). Pflegetage nahmen leicht zu. Circa jede dritte Hospitalisation erfolgt ausserhalb des Kantons SO. Mit der bestehenden Spitalliste kann der Bedarf bis auf einzelne Leistungsgruppen (z.B. affektive Störungen) ausreichend abgedeckt werden. Die Leistungserbringung der Solothurner Spitäler (soH) ist zentral. Sie versorgt in der Erwachsenen- sowie Kinder- und Jugend-psychiatrie einen Grossteil der Patient:innen.

Ambulante Psychiatrie: Die Nachfrage an spitalambulanten psychiatrischen Grundleistungen in der Erwachsenenpsychiatrie ist zwischen 2016-2019 steigend, im praxisambulanten Bereich ist sie leicht rückgängig. In der Kinder- und Jugendpsychiatrie ist die Nachfrage sinkend. Es gilt zu betonen, dass dieses Resultat auf Zahlen vor der Covid-19 Pandemie basieren. In Bezug auf die Patientenströme in der Erwachsenenpsychiatrie ist der Kanton BE der wichtigste Kanton, nebst BS, BL und AG. In der Kinder- und Jugendpsychiatrie die Kantone BE und BL. Die Inanspruchnahme an psychiatrischen Leistungen ist insbesondere bei den älteren Patient:innen stark gewachsen.

Umfeldanalyse: Im Kanton Solothurn stand zum Analysezeitpunkt ein hoher Anteil an Pensionierungen ohne Nachfolgelösungen bevor, was eine Herausforderung für die Versorgung darstellt. Zudem wird bzgl. Zusammenarbeit der Leistungserbringenden ein Optimierungspotential festgestellt. Die Zusammenarbeit zwischen Alters- und Pflegeheimen und der soH ist gut und muss im ambulanten Bereich optimiert werden. Zudem ist ein breites Spektrum an weiteren Leistungserbringern vorhanden.

Prognose

Das prognostizierte Wachstum ist im stationären Bereich ausgeprägter als im ambulanten Bereich. Zudem ist von einer weiterhin unterdurchschnittlichen Inanspruchnahme ambulanter Leistungen durch ältere Personen auszugehen.

Schlussfolgerungen

Die Bedarfsermittlung geht mit verschiedenen Schlussfolgerungen einher: Beispielsweise wird empfohlen, bei der Aktualisierung der Spitalliste die Aufnahme weiterer Leistungserbringer zu prüfen. Auch sind mögliche Langzeitfolgen der Covid-19 Pandemie in der Versorgungsplanung zu berücksichtigen, wie auch die Auswirkungen der Strategie «ambulant vor stationär». Weiter ist der Austausch mit angrenzenden Kantonen im ambulanten Bericht wichtig, insbesondere im Hinblick auf die Umsetzung der Einheitlichen Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen (EFAS).