Im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) evaluierten wir seit 2017 die Umsetzung des Bundesgesetzes über das elektronische Patientendossier (EPDG). Im Juli 2023 erschien der dritte und somit letzte Arbeitsbericht der formativen Evaluation. Wie unsere Evaluation zeigt, sind zwar erste wichtige Meilensteine in der Umsetzung des EPDG erreicht worden, allerdings fehlt es dem EPD für eine Verbreitung noch am notwendigen Schwung.
Ziel der formativen Evaluation war es, den Stand und die Herausforderungen der Umsetzung des EPDG aufzuzeigen sowie Optimierungspotential zu identifizieren und Handlungsbedarf zu benennen. Die Ergebnisse basieren auf über dreissig Interviews mit involvierten Stakeholdern und den Resultaten einer Befragung der Kantone und der 8 Stamm-/Gemeinschaften (G/SG).
Der Arbeitsbericht über die Resultate der Evaluation zeigt auf, dass mit der Zertifizierung aller G/SG per Ende 2022 ein erster Meilenstein in der Umsetzung des EPDG erreicht werden konnte. Die technischen Lösungen waren zum Erhebungszeitpunkt noch nicht gänzlich umgesetzt, entsprechen aber den hohen Sicherheitsbestimmungen.
Damit sich der erhoffte Nutzen des EPD – eine Effizienzsteigerung der Behandlungsprozesse durch eine umfassende, zentrale Ablage relevanter Gesundheitsdaten – realisiert, muss eine kritische Anzahl ambulanter und stationärer Leistungserbringer an eine G/SG angebunden sein und die Zahl der eröffneten EPD erhöht werden. Dies war zum Erhebungszeitpunkt erst bedingt der Fall. Der Anteil der Bevölkerung, der ein EPD eröffnet hat, liegt unter 0.2 Prozent. Somit ist das EPD von einer kritischen Masse noch weit entfernt.
Umfassende Revision des EPDG als Chance
Um das elektronische Patientendossier weiterzuentwickeln, beauftragte der Bundesrat das EDI, eine Vernehmlassungsvorlage für eine umfassende Revision auszuarbeiten. Die Evaluationsergebnisse zeigen, dass sowohl im EPDG als auch in der EPDV versäumt wurde, mit der notwendigen Klarheit die Zuständigkeiten, Rollen und Aufgaben sowie Begrifflichkeiten (bspw. klare Definition einer G/SG) festzulegen. Mit der umfassenden Revision des EPDG ergibt sich die Chance, Klarheit zu schaffen. Die Ergebnisse der Evaluation unterstreichen die weiterhin grosse Dringlichkeit des durch den Bundesrat erkannten Handlungsbedarfs. Insbesondere die Anschlussverpflichtung der ambulanten Gesundheitsfachpersonen und eine mögliche Opt-Out-Lösung für die Bevölkerung könnte dem EDP zu einer positiven Dynamik verhelfen.
Zitiervorschlag: Rickli, F.; Ettlin, R.; Spiess, M.; (2023). Formative Evaluation der Umsetzung des Bundesgesetzes über das elektronische Patientendossier (EPDG): Arbeitsbericht Phase 3b. socialdesign ag im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit (BAG), April 2023, Bern.